Drum & Dran – die Cover Serie
Das Magazin „agora42“
In dieser Reihe stelle ich Ihnen meine neuesten Fundstücke aus internationalen Presseshops vor. Auf meinen Streifzügen ist mir im Mai das Cover des philosophischen Wirtschaftsmagazins „agora42“ aufgefallen. [von Florian Wagner]
Erster Eindruck
Beim Blick auf die prall gefüllten Zeitschriftenregale der Bahnhofsbuchhandlung fällt es mir wieder auf: Der überwiegende Teil der angebotenen Blätter scheint an ein unverrückbares Erfolgsschema für verkaufsfördernde Covers zu glauben. Die gestalterische Interpretation variiert in Form, Farbe und Komposition, aber der rote Faden kommt mir offensichtlich vor: Fotos von Menschen, Objekten, Landschaften oder eine Kombination dieser Sujets treffen auf eine unterschiedliche Zahl mehr oder weniger aktivierender Thementeaser. „agora42“ gehört hier zu den Nonkonformisten. Das Titelblatt der Ausgabe 02/2018 (vierteljährliche Erscheinungsweise) ist ein echter Blickfang: Das liegt einerseits an der gestalterischen Abweichung von der Norm und andererseits an seiner starken Plakativität.
Look
Die Gestaltung setzt radikal auf zum Schachbrettmuster angeordnete Quadrate. Diese Struktur bildet den Hintergrund für den Titelschriftzug, das Thema und einige Funktionselemente – das war’s. Die Reduktion auf das Wesentliche erzielt einen maximalen Effekt: Das Cover erreicht eine starke Entfernungswirkung, ist übersichtlich, schnell erfassbar und ungewöhnlich. Und nicht zuletzt gelingt es den Blattmachern mit einfachsten Mitteln, das Wesen des Magazins und obendrein den Inhalt der Ausgabe zu vermitteln, Volltreffer. Denn zum einen verbinde ich die Formensprache mit dem Namen des Magazins. Das aus dem altgriechischen stammende Wort „Agora“ bedeutet so viel wie Fest-, Versammlungs- oder Marktplatz und das Quadrat eignet sich hervorragend als Symbol. Zum anderen steht die aufgeräumte geometrische Struktur wunderbar für das Thema „Ordnung“ mit der sich diese Ausgabe auseinandersetzt.
Im Magazin findet sich eine Doppelseite mit sämtlichen Heften seit 2009. Hier zeigt sich die ganze gestalterische Kreativität der Macher. Denn kein Cover ist wie das andere. Jedes Layout wird für das jeweilige Motto einer Ausgabe maßgeschneidert. Eine inspirierende Vielfalt, zusammengehalten nur durch das wiederkehrende Element des Titelschriftzugs.
„Dass sich Ökonomen kaum noch für Philosophie, Philosophen kaum mehr für Ökonomie interessieren, ist ein gesellschaftliches Fiasko. Die agora42 bietet eine ganz hervorragende Plattform für Positionen und Theorien, Austausch und Streitkultur, Hintergrundwissen und Visionen.“ Richard David Precht, Mitherausgeber
Konzept und Kommunikation
Wer einen Blick hinter das Cover wagt, wird mit klugen Inhalten und einer ästhetischen Aufmachung belohnt. Die gleichermaßen fundiert und unterhaltsam erzählten Beiträge beleuchten die verschiedensten Wirtschaftsthemen aus philosophischer Sicht. Die Redaktion eröffnet aufschlussreiche Perspektiven und interessante Alternativen zu eingefahrenen Denkmustern. „agora42“ ist ein Magazin, das auf sympathische, nie abgehobene Weise, Orientierung in einer komplizierten Welt anbietet. Erwähnt sei an dieser Stelle ausdrücklich noch das kürzeste Editorial, das mir bisher untergekommen ist. Mit nur neunundvierzig Wörtern gibt Chefredakteur Frank Augustin einen gelungenen Impuls für das, was folgt. Danke auch dafür. Klasse.
Wer und was dahinter steckt
Magazin: agora42
Genre: Wirtschaftmagazin
Verlag: agora42 Verlagsgesellschaft mbH
Herausgeber: Wolfram Bernhardt, Louis Klein, Richard David Precht, Birger P. Priddat
Chefredakteur: Frank Augustin, Tanja Will (stellv.)
Art-Direktorin: Janina Schneider
Cover: Isabelle Possehl
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Auflage: circa 10.000 Exemplare
Vertrieb: Abonnement, Einzelausgaben über den Verlag, außerdem in Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen in Deutschland
agora42.de
Warum diese Serie
Wenn es Redaktionen gelingt, ihre Inhalte als Cover auf den Punkt zu bringen, begeistert uns das. Glückt es den Machern gleichzeitig, Stil und Haltung der Publikation zu vermitteln entsteht etwas Besonderes: Solche Titel werden zum Gesicht und zur Seele einer Publikation, sie haben Kultpotenzial und emanzipieren sich von der ursprünglichen Rolle als Verkaufsinstrument. So verstanden spielt Covergestaltung für uns in der gleichen Liga wie Plakatkunst.