Reporterfabrik – die Webakademie
/Mehr als eine Journalistenschule
Das Anfang 2019 gestartete Bildungsprojekt „Reporterfabrik“ des gemeinnützigen Recherchezentrums „CORRECTIV“ vermittelt Einsteigern und Fortgeschrittenen journalistisches Know-how. Das Kursangebot ist vielfältig und die Referentenliste liest sich wie das Who is Who der deutschen Medienbranche. Außerdem bietet die Onlineplattform ideale Voraussetzungen für einen offenen Dialog zwischen Öffentlichkeit und Journalismus. Damit kann sie in Zeiten von Fake News und Filterblasen einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten. [von Florian Wagner]
Informationsvermittlung statt Meinungsmache
Wer eine breitere Öffentlichkeit erreichen wollte, kam bis weit in die neunziger Jahre an professionellen Journalisten und Medien nicht vorbei. Durch den Siegeszug des Internets ging diese Kontrollfunktion verloren. Mittlerweile werden unsere Bildschirme permanent mit Informationen jeder Art geflutet. Seriös recherchierte journalistische Berichterstattung ist dabei nur ein Teil von vielen.
Verstehen Sie mich bitte richtig: Die vielfältigen digitalen Kommunikationskanäle für Jedermann sind eine Errungenschaft. Aber wo Licht ist, gibt es eben auch Schatten. So entstehen beispielsweise immer mehr Echokammern, in denen sich Menschen – bewusst oder unbewusst – ausschließlich mit Gleichgesinnten austauschen. Manipulationsversuche und eine verzerrte Wahrnehmung der Realität sind die logische Folge. Gleichzeitig werden öffentliche Debatten über wichtige Themen nicht mehr geführt; und das birgt große Gefahren für unsere demokratische Gesellschaft.
Raus aus den Filterblasen
Die Kluft zwischen aktueller Medienvielfalt und der vorhandenen Medienkompetenz klafft weit auseinander. In diesem Licht betrachtet, braucht unser Land eine Plattform wie die Reporterfabrik. Das Angebot bringt interessierte Bürger, Schüler und Journalisten auf Augenhöhe zusammen. Leser, Hörer und Zuschauer bekommen Einblick in die verantwortungsvolle journalistische Arbeit. Sie lernen die Menschen und das Handwerk hinter der Berichterstattung kennen. Angehende Journalisten erhalten die Möglichkeit, von Profis zu lernen, die ihr wissen bereitwillig teilen.
So kann Vertrauen gewonnen und wiederhergestellt werden. Es besteht die Chance, das Bedürfnis nach Qualitätsjournalismus auf allen Seiten zu wecken. Denn eines steht für mich fest: Wir brauchen geschulte Berichterstatter, die das nötige Wissen besitzen und die nötige Zeit investieren, komplexe Sachverhalte für uns einzuordnen. Und wir brauchen eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die den Wert dieser Informationsvermittlung schätzt – egal, ob über klassische Medien oder die digitalen Kanäle.
„Unsere Idee ist ganz einfach: Wir möchten, dass möglichst viele Menschen verstehen, wie Medien ihr Leben beeinflussen; und was sie beachten sollten, wenn sie selbst Texte, Fotos oder Videos veröffentlichen, auf Facebook, YouTube oder Instagram, in Kommentarspalten oder im eigenen Blog.“ Maja Weber, Dozentin und ZDF-Journalistin
Das Angebot der Reporterfabrik
Die Reporterfabrik versteht sich als Journalistenschule im Netz, als eine „WebAkademie des Journalismus“ wie es auf der Website heißt. Hinter dem Bildungsprojekt stehen die gemeinnützige GmbH CORRECTIV mit Sitz in Essen und Berlin sowie ihr Kooperationspartner, das Reporter-Forum aus Hamburg. Geleitet wird die „Journalistenschule für jede und jeden“ von Cordt Schnibben. Die Geschäftsführung teilen sich David Schraven und Simon Kretschmer.
Das Kursangebot der Betreiber kann man getrost als umfangreich bezeichnen. Aktuell stehen nach eigenen Angaben 100 Workshops mit 1200 Tutorials und 120 Podcasts bereit – Tendenz steigend. Grundsätzlich sind alle Workshops der ersten Lehrstufe und einige Kurse für Fortgeschrittene kostenfrei. Ebenfalls frei zugänglich sind die Inhalte des Schülerprojekts „Reporter4You“. Alle weiteren Workshops kosten 5, 15 oder 25 Euro. Dieses nutzerfreundliche Modell ermöglichen Sponsoren: Bislang gehören zu den Förderern die Deutsche Telekom, Facebook (!), die Bosch Stiftung, die LfM-Stiftung Vor Ort NRW und die Stadt Hamburg.
Die prominent besetzte Liste mit über einhundert Referentinnen und Referenten aus den verschiedensten Bereichen beeindruckt: Stefan Aust, Jan Böhmermann, Doris Dörrie, Olli Dittrich, Günther Jauch, Herlinde Koelbl, Sascha Lobo, Giovanni di Lorenzo, Sandra Maischberger, Harald Schmidt, Moritz von Uslar, Maya Weber – um einige Namen herauszugreifen. Und auch das Kuratorium und der Fachbeirat bestehen aus vielen bekannten Gesichtern.
Fazit – mehr Medienkompetenz
Das Programm begeistert mich und die Präsentationsform wirkt überzeugend. Gerade habe ich mich angemeldet. Ich bin neugierig auf die Workshops und den Austausch mit anderen Teilnehmern in den Foren. Und zum Schluss noch ein Highlight: Die Reporter4 You Schulbörse bringt Schulen mit über 300 Journalisten in Kontakt, die sich freuen mit Schülerinnen und Schülern über ihre Arbeit zu sprechen. Klasse! Ich bin gespannt, wie sich dieser Service entwickelt. Ein Erfolg wäre ein Gewinn für unsere Gesellschaft.
Das Magazin Reportagen stellt sich gegen den Trend zur Vermischung von journalistischen & werblichen Inhalten. Ein Kommentar zum Editorial #38/Januar 2018.